Der AKBiS begrüßte die Handwerksberater*innen zum Seminar, um den Standard für die Beratung von Handwerksbetrieben in Schwierigkeiten vorzustellen. Natürlich wurde auch der Pandemie Rechnung getragen: Vor Seminarbeginn wurden die Teilnehmer in einer nahe gelegenen Apotheke getestet. Auch der Tagungsraum war entsprechend groß gewählt, gut belüftet und klimatisiert, was bei sehr sommerlichen Temperaturen ein Glücksfall war. Danke an den CVJM in Esslingen, bei dem wir zu Gast waren. Ebenso galten für die Tagung entsprechende Hygieneregeln, die von allen teilnehmern diszipliniert mitgetragen wurden.
Angemeldet waren etwa 25 Berater aus Kammern und Verbänden des Handwerks aus dem gesamten Bundesgebiet. Bei der Vorstellungsrunde gaben viele Teilnehmer an, dass sie sich mit dem Seminarbesuch für evtl. kommende Krisenberatungen als Folge der Coronakrise wappnen möchten. Der erwartete Ansturm von Krisenbetrieben ist bislang aber noch nicht im befürchteten Ausmaß eingetreten.
Die Gruppe war vom Erfahrungshintergrund her bunt gemischt, von Neueinsteigern in das Thema bis hin zu Beratern, deren Spezialgebiet die Krisenberatung ist.
Erster Seminartag
Digitale Kontaktverfolgung
Erstes Thema war digitale Kontaktverfolgung am Beispiel der Luca-App, die auch für die Veranstaltung selbst eingesetzt wurde. Die App kann neben der Corona-Warn-App und der CovPass-App des RKI auch für den digitalen Impfpass eingesetzt werden.
Externe Links:
- Luca-App
- Corona-Warn-App
- RKI-App zum digitalen Impfpass
- Bundesgesundheitsministerium zum digitalen Impfpass
AKBiS-Standard: Ablauf des Beratungsprozess (der rote Faden)
Im Anschluss ging es an die Einführung in die Systematik der Krisenberatung, die der Arbeitskreis in seinem Konzept dargestellt hat. Nach einem kurzen Abriss über die Entstehung des Standards wurde der rote Faden präsentiert. Diese Übersicht stellt die Abläufe im Beratungspozess dar und verweist auf die entsprechenden Tools, die in bestimmten Stadien unterstützend einngesetzt werden können. Außerdem wird explizit auf Sachverhalte hingewiesen, in denen der Berater auch einen evtl. Ausstieg aus der Beratung prüfen sollte.
Das Konzept soll den Beratern Hilfestellung durch eine systematische Vorgehensweise und mehr Rechtssicherheit durch die Hinweise zu vorhandenen Sollbruchstellen geben, bei denen die Fortsetzung der Beratung durch den Berater zu prüfen ist.
An Hilfsmitteln gibt es für die Berater u.a. folgende Tools:
- Insolvenzmerkblatt
- AKBiS-Fragebogen
- Dokumentationsformblatt
- Datenstammblatt
- Mindestanforderungen an externe Tools
- Liquiditätsstatus
- Unternehmensanalyse (GuV- und Bilanzanalyse, Personalaufnahmebogen, SWOT-Analyse)
- Krisentableau
- Maßnahmenkatalog
- Finanzplanung
- Muster-Sanierungskonzept
Diese Tools sind über das Bisnet-Handwerk zugänglich bzw. werden nach und nach dort eingepflegt. Die Teilnehmer erhalten über eine Teilnehmercloud im Bisnet-System Zugriff auf alle Vorträge und die Materialien zum Seminar.
Den Abschluss des ersten Tages bildete der Vortrag der Signal Iduna-Gruppe zum Thema Versicherungsschutz in der Krise.
Nach dem offiziellen Programm schloss sich für die Teilnehmer das Angebot einer Führung durch die Beutau an, das mittelalterliche Esslinger Weingärtnerviertel. Der Abend klang dann mit einem gemeinsamen Abendessen auf der Esslinger Burg aus, zu dem die Signal Iduna eingeladen hatte.
Zweiter Seminartag
Lobbyarbeit in der Corona-Krise
Den Einstieg gestaltet ZDH-Referentin Ute Pesch, u.a. zuständig für Unternehmensfinanzierung in der Abteilung Wirtschaftspolitik, die Ihre Arbeitsinhalte darstellte und insbesondere bei Problemen mit Bundesförderprogrammen um Übermittlung von Anregungen aus der Reihe der Berater bat, um diese über den ZDH in entsprechende Gremien einbringen zu können. Die kommenden Neuerungen in den Corona-Förderprogrammen konnte Sie für die Teilnehmer transparent darstellen und auch auf einige Erfolge der Lobbyarbeit des Handwerks verweisen. Sie sprach auch einige Punkte an, die noch offen sind bzw. noch nicht erreicht werden konnten.
Linkverweise:
- ZDH-Seite mit FAQs zu den Coronafragen
- Informationen des ZDH-Referats Wirtschafts- und Umweltpolitik
- Portal für Unternehmen vom BMWi und BMF zu den Förderprogrammen
Excel-Tool Liquiditätsstatus
Das Excel-Tool AKBiS Liquiditätsstatus wurde vorgestellt, das den Berater bei der Einschätzung der Zahlungsfähigkeit des Betriebs unterstützen kann. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer ermittelt das Tool ausgehend von einem Stichtag (abgestimmt mit Kontoauszug) aus den erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen die planmäßige Zahlungsfähigkeit für die nächsten Wochen und Monate. Der Berater kann mit dem Tool die Liquiditätswirkung verschiedener Maßnahmen simulieren und mit dem Handwerker diskutieren.
Excel-Tool Betriebsanalyse
Mit diesem Tool geht es in die Analyse des Betriebs, bei der Bilanz- und GuV analysiert und verschiedene Kennzahlen dargestellt werden.
Excel-Tool Planung Mindestumsatz
Planungstool, dass einen Planungshorizont von bis zu 3 Jahren darstellen kann.
Die Excel-Tools und das zugehörige Handbuch stehen in der aktuellen Version im Bisnet zur Verfügung.
Weitere Hilfsmittel
Um die Berater in der Arbeit zu unterstützen gibt es weitere Hilfsmittel, die von den AKBiS-Ansprechpartner den Teilnehmern vorgstellt werden. Dazu gehören u.a.
- Broschüre „Erfolgreich durch die Krise“ und zugehörige editierbare Checkliste (Excel-Datei)
- Checkliste „Strukturierte Betriebsbegehung“
- Checkliste Betriebsaufgabe ohne Insolvenz
Die Tools stehen auch im Bisnet zum Download zur Verfügung.
Insolvenzrecht: Überblick und Darstellung relevanter Neuerungen
Die Teilnehmer erhielten einen Überblick über die Grundlagen der Insolvenz-Ordnung und wichtige aktuelle Neuigkeiten. Dabei wurden u.a. die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, SanInsfoG und StaRuG angesprochen. Neben den Inhalten konnten auch einige Fragen aus der Beratungspraxis diskutiert und teilweise geklärt werden.
Krisenfinanzierung
Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen informiert über den Umgang mit Betrieben in Schwierigkeiten und beleuchtet die Krisenmerkmale aus Bankensicht:
- zunehmende Inanspruchnahme der Kontokorrentkreditlinie
- dauerhafte Inanspruchnahme („Konto atmet nicht“)
- steigende Verbindlichkeiten aus LL bei oftmals fallenden Forderungen aus LL
- unveränderte Entnahme bei sinkenden Gewinnen
Außerdem wurden auch Maßnahmen dargestellt, die die Gefahr einer Krise für das Unternehmen minimieren:
- Fristenkongruente Finanzierung
- regelmäßige Auseinandersetzung mit den Zahlen (Vor- und Nachkalkulation der Projekte, BWA)
- Abhängigkeiten überprüfen (Lieferanten, Kunden)
- gutes Forderungsmanagement
- passender Kontokorrent (Working Capital-Bedarf, Abdeckung der Kosten eines Monats)
Neben einer Anpassung des Kontokorrentkredites kommen als Finanzierungsformen u.a. auch Einlagen, Lieferantenkredite, Factoring und die Bodensatzfinanzierung des Umlaufvermögens über ein mittel- bis langfristiges Darlehen (Zinssicherheit) in Frage.
Finanzierungsmöglichkeiten in der Krise sind neben der Umschuldung und der Verstärkung der Sicherstellung z.B. auch die Tilgungsstreckung aber auch das Generieren neuer Mittel (durch Gesellschaftereinlagen, Gesellschafterdarlehen oder Einbinden von Beteiligungspartnern).
Die Kreissparkasse übernahm auch das Catering der Seminarveranstaltung.
Der zweite Seminartag klang dann mit einem Stadtspaziergang durch die Altstadt und ein gemeinsames Abendessen auf Einladung der HWK Stuttgart aus.
Dritter Seminartag
Leadership im Handwerk / Geschäftsmodellanpassungen
Tobias Beibl (LFI München) stellte zum Start in den Abschlusstag ein paar Anstöße zum Thema Leadership im Handwerk vor. Dabei beleuchtete er neben verschiedenen Leadership-Theorien die Rolle des Inhabers und seines Verhaltens bei der Entstehung und Bewältigung von Krisen und leitete Handlungsempfehlungen für Betriebe ab.
Danach stellte er noch an einem Beispiel dar, wie eine Anpassung des Geschäftsmodells den Weg aus der Krise erleichtern kann und wie man das Geschäftsmodell und dessen Anpassung mit einem Business Model Canvas sehr gut veranschaulichen kann.
Integrierte Planung
An einem Beispiel wurde eine integrierte Planung aufgezeigt, bei der ausgehend vom Ist mit Hilfe von Annahmen und Prognosen der Rest des laufenden und mindestens das Folgejahr auf monatlicher Basis geplant wird. Dabei werden die Liquidität, die Umsätze und die Kosten betrachtet und entsprechend dargestellt.
Als Basis dienen u.a. folgende Unterlagen:
- BWA-Jahresübersicht (Monatsaufstellung)
- Wertenachweis zum Jahresende
- Summen und Saldenliste in der Jahresübersicht
Die Planung besteht dabei aus der Fortschreibung der aktuellen Situation und der Darstellung der Auswirkungen der geplanten Maßnahmen, mit denen die Krise überwunden werden soll.
Musteraufbau Sanierungskonzept
Zum Abschluss wurde an einem Muster eines Sanierungskonzeptes die Struktur und der Aufbau dargestellt und das Zusammenführen der Information beispielhaft präsentiert.
Fazit
Bei der Abschlussbesprechung gab es viele gute Hinweise der Seminarteilnehmer, die festgehalten wurden und in die zukünftige Arbeit (Fortentwicklung des AKBiS-Konzeptes, Verbesserung und Erweiterung des Seminarangebotes) einfließen werden. Danke schön, für viele Fragen und rege Beteiligung.
Nach einem Abschlussimbiss und vielen guten Gesprächen und Ideen traten alle die Heimreise an.
Im Feedback zeigte sich die große Mehrheit der Teilnehmer sehr zufrieden mit dem Seminar.
AKBiS sagt Danke schön!
Unterstützer: Der AKBiS bedankt sich bei allen finanziellen Unterstützern (Signal Iduna-Gruppe, Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, HWK Stuttgart), deren Engagement das Seminar und Rahmenprogramm möglich machte.
Organisatoren: Gastgeberin Gaby Hanisch und Olaf Kittel mit allen helfenden Händen vor Ort haben eine tolle Organisation und unter Coronabedingungen ein schönes Rahmenprogramm auf die Beine gestellt!
Referenten: Die fachlichen Inhalte des AKBiS wurden u.a. von Tobials Beibl, Carsten Bonß, Walter Gossmann, Olaf Kittel, Michael Pfister und Sven Rathgeber präsentiert.